Schwache Frauen, starke Männer - ist das alles?   [29.01.21]

Der Lehrstuhl für Medienpsychologie auf der Jahrestagung der Fachgruppe Rezeptions- und Wirkungsforschung 27.01.-29.02.2021

Klassische Rollenbilder kennen wir aus Film und Fernsehen zur Genüge; sei es die sensible Bridget Jones oder der unnahbare James Bond. Wir leiden mit ihnen, freuen uns mit ihnen, und verstehen genau, wie sie sich fühlen. Doch was passiert, wenn Filmfiguren jenseits der stereotypen Erwartungen an ihr Geschlecht auftreten?

Dieser Frage ging Laura Vogt in ihrer Bachelorarbeit am Lehrstuhl für Medienpsychologie nach. Mit einem raffinierten Experiment schaffte sie es, den Einfluss des biologischen Geschlechts - sprich, Männer vs. Frauen - vom psychosozialen Geschlecht - wie feminin oder maskulin fühle ich mich? - zu trennen.

Ein Teil ihrer Proband:innen sah Filmszenen, die Charaktere in typischen Rollen zeigten: Die devote Bewerberin, der knallharte Anwalt. Der andere Teil sah untypische Charaktere: Eine attraktive junge Dame geht in die offene Konfrontation mit einem zwielichtigen Investor, und ein alleinerziehender Vater weint vor Freude über ein Jobangebot, welches ihn und seinen Sohn aus ihrer Misere zu bringen vermag.

Wie sich zeigte, hat das psychosoziale Geschlecht einen maßgeblichen Einfluss auf die Identifikation mit den gezeigten Charakteren: Probandinnen und Probanden, die sich selbst viele feminine Eigenschaften (z.B. fürsorglich, emotional) zuschreiben, konnten sich mit der typischen weiblichen Hauptfigur und der untypisch männlichen Hauptfigur gut identifizieren - diese beiden Charaktere weisen viele feminine Attribute auf.

Probandinnen und Probanden, die sich selbst mit maskulinen Eigenschaften beschreiben (z.B. durchsetzungsfähig, willensstark), konnten sich hingegen gut mit der untypisch weiblichen Hauptfigur identifizieren, also der Hauptfigur, die ein maskulin geprägtes Geschlechtsrollenkonzept zeigt.

Die Studie verdeutlicht die Wichtigkeit der differenzierten Erfassung von biologischem und psychosozialem Geschlecht in empirischen Studien. Darüber hinaus leistet sie einen wichtigen Beitrag, die Identifikation mit Filmfiguren, die jeder Produzent und jede Produzentin anstrebt, besser zu verstehen.

Auf der Jahrestagung der Fachgruppe Rezeptions- und Wirkungsforschung präsentierten Laura Vogt und ihre Betreuerin Regine Frener die Ergebnisse im Panel „Stereotype, Gender und Inzivilität“ neben vielen spannenden Beiträgen.

Die Tagung, die unter dem Motto #RezFoForFuture stand und Nachhaltigkeitsthemen in den Fokus rückte, wurde durch eine Key Note von Astrophysiker Harald Lesch eingeleitet. Er verdeutlichte mit seiner Ansprache die zentrale Rolle der Wissenschaftskommunikation vor dem Hintergrund aktueller Entwicklungen.

Das Team Medienpsychologie freut sich, Teil der Konferenz gewesen zu sein, und dankt den Veranstalter:innen der Ludwigs-Maximilian-Universität München für die tolle Organisation und Kommunikation.


Zurück zu Aktuelles